- Stille Meister -
Wenn ich Flügel hätte, wäre ich wohl losgeflogen. Aber schon dort zu stehen und sich unendlich frei zu fühlen war jede einzelne Sekunde des kräftezehrenden Aufstiegs wert.
Zu Beginn dieses Abenteuers stehe ich im kalten Nebel. Vor mir liegen viele Höhenmeter und ich beginne meinen Aufstieg mitten in der Nacht. Bald spüre ich den Puls. Die Atmung wird tiefer, der Nebel immer dichter.
Ein Waldkauz ruft und spornt mich an. Mein Motor läuft und ich eile den steilen Wanderweg hoch. Schon bald erreiche ich die Baumgrenze und schaue auf die Uhr. Ich liege gut im Rennen.
Weiter oben empfängt mich ein bissiger Wind. Es herrscht Bisenlage und genau deshalb bin ich überhaupt unterwegs. Vor dem inneren Auge sehe ich sie deutlich vor mir: Meine Bildidee, welche ich schon ein paar Monate früher versuchte umzusetzen. Damals - knapp gescheitert - wusste ich bereits im Abstieg, dass ich es bald wieder probieren würde.
Andauernd schaue ich nach oben und hoffe, dass sich der Nebel nicht lichtet. Noch nicht. Denn er soll sich erst bei Sonnenaufgang auf die perfekte Höhe einpendeln.
Kurz vor dem Ziel die Ernüchterung. Der kalte Nebel hat den gesamten Bergrücken vereist. Doch ich muss auf den Gipfel, denn sonst gehe ich mit leeren Händen nach Hause. Behutsam, Schritt um Schritt taste ich mich hoch und stehe irgendwann ganz oben.
Die Dämmerung setzt langsam ein und ich sehe zum ersten Mal die Mondsichel. Ein gutes Zeichen, ich stehe direkt an der Nebelgrenze. Die Spannung steigt, der Nebel sinkt und vor mir tauchen die mächtigen Bergzacken auf.
Wow! Ich traue meinen Augen kaum, obwohl ich den ganzen Aufstieg dieses Bild vor Augen hatte.
Bei Sonnenaufgang fängt der Nebel Feuer. Meine Kamera steht auf dem Stativ und fotografiert im Intervall. Ich eile nach unten und breite meine Arme aus. Was für ein Moment, was für ein ein Glücksgefühl!
Berge sind stille Meister und machen schweigsame Schüler.
150 x 100 cm
Schattenfugenrahmen, Eiche natur, geölt